Die Idee an sich war eigentlich einfach: Einen Teil der Verwallrunde in der gleichnamigen Gebirgsgruppe absolvieren. Die Hütten waren reserviert, der Rucksack gepackt, und dann begann alles schwierig zu werden.
Los ging es mit einem plötzlichen Wintereinbruch, der in den Bergen über einen halben Meter Neuschnee brachte. Nur kurz danach die erste Stornierung, die Niederelbehütte schließt wegen des Schnees vorzeitig.
Wirklich zum Umplanen kam ich dann gar nicht, bevor die nächste Absage kam: Die Edmund-Graf-Hütte schließt früher wegen eines Brandes in der Küche. Damit war schon mal die Hälfte meiner Übernachtungen hinfällig. Und das Wetter wurde auch nicht besser, es kam eher noch mehr Schnee nach. An den Übergang von der Konstanzer zur Darmstädter Hütte über das 2755m hohe Kuchenjoch war so nicht zu denken. Also stornierte ich die dritte Reservierung auch noch…
Tag 1: Von St. Anton zur Konstanzer Hütte
Ohne einen wirklich konkreten Plan fuhr ich also am Montag nach St. Anton, parkte an der Passstraße oberhalb des Ortes und machte mich bei dichten Wolken, Nieselregen und Schneeresten auf den Weg. Der Weg zur Konstanzer Hütte ist nicht schwierig, man folgt von St. Anton einfach immer dem Fahrweg, und landschaftlich war er an diesem Tag durch die geringe Sicht auch nicht wirklich ansprechend.


Kurz vor der Hütte begann es dann auch noch richtig zu regnen und ich war froh, endlich in der warmen, trockenen Hütte angekommen zu sein. Es waren ein paar anderen Gäste da, mit einem davon teilte ich dann das Lager für die Nacht. Er war am Samstag von der Heilbronner Hütte gekommen und berichtete mir von gewaltigen Schneemenge – teilweise bis zu Hüfthoch laut seiner Aussage – die da noch auf dem Weg zu finden waren.

Tag 2: Konstanzer Hütte – Neue Heilbronner Hütte
Die Heilbronner Hütte sollte am folgenden Dienstag dann auch mein nächstes Ziel sein. Für die kommenden Tage war nämlich wieder bestes Wetter angekündigt, vielleicht würde sich also doch noch ein Bisschen was von meiner geplanten Runde ausgehen.
Dienstag Morgen ging es aber erst mal weiter bei Wolken und leichtem Regen. Es wurde dann zwar bald trocken, dafür nahm die Schneemenge auf dem Weg schon kurz oberhalb der Konstanzer Hütte schnell zu.


Bald schon war die Schneedecke geschlossen, eine vorhandene Spur machte das Vorankommen aber noch einfach. Das änderte sich schnell auf ca. 1900m im Bereich der Bachfassung. Nachdem die Rosanna auf einer Brücke gequert wird sind nur noch stark zugeschneite Fußspuren zu finden. Ab hier ist spuren angesagt.

Bis zur Schönverwallhütte auf ca 2050m bliebt es noch recht flach, danach wird es kurzzeitig steiler und entsprechend anstrengend. Als ich bei etwa 2200m den Kamm ins Kar hinauf zum Verbellner Winterjöchle erreichen reißen die Wolken endlich auf und die Sonne kommt raus.

Vorbei am Scheidsee und zuletzt über einen etwas unangenehm eisigen Fahrweg geht es die letzten Meter hinauf zur Neuen Heilbronner Hütte auf 2320m.

Auf der Hütte teile ich mir das Lager mit zwei weiteren Wanderern, viel mehr Gäste scheinen aber nicht unterwegs zu sein. Immerhin gab es einen Dank von der Hüttenwirten für das Anlegen einer Spur runter zur Konstanzer Hütte.
Tag 3: Neue Heilbronner Hütte – Friedrichshafener Hütte
Für den nächsten Tag habe ich mir die Friedrichshafener Hütte zum Ziel gesetzt. Ich breche also morgens bei noch frostigen Temperaturen aber strahlend blauem Himmel und hoch über dem Nebel im Tal auf. Auf dem Friedrichshafener Weg hinauf zum Muttenjoch komme ich aber nicht sehr weit: Nach keinen 50 Höhenmetern gebe ich auf. Bruchharsch ist hier nämlich Programm, drei Schritte auf der gefrorenen Schneedecke, dann plötzlich bis zu den Knien einbrechen, herauswühlen, und so weiter. Die reinste Qual.

Ich beschließe also den langen, aber angenehmeren Weg durchs Tal anzugehen. Zurück an der Hütte beginne ich den Abstieg in Richtung Zeinisjoch. Die ersten Meter der Straße sind noch schneebedeckt, aber hier, auf der Südseite ist zumindest die Straße bald schneefrei und auch das umliegende Gelände apert zunehmend aus.


Ich passiere die Alpe Verbella (1938m) und verlasse hier den Fahrweg um einen Stieg zum Zeinissee nehmen. Schnee gibt es hier nur noch in den schattigen Lagen. Über den Zeinissee und das Zeinisjoch steige ich ab bis kurz vor Wirl. Dort nehme ich den am Südhang gelegenen Talweg, der oberhalb von Galtür verläuft und schließlich beginnt steil anzusteigen. Durch die Lawinenverbauungen am Südhang der Gaisspitze steige ich bis auf ca. 2330m auf – fast ohne Schnee. Hier oben führt dann ein breiter Fahrweg mit nur geringem Gefällt hinüber zur Friedrichshafener Hütte auf 2151m.





Auch hier bin ich fast allein auf der Hütte, nur zwei weitere Gäste finden sich später noch zur Übernachtung ein.
Nach einer Unterhaltung mit dem Hüttenwirt über die Verhältnisse beschließe ich, einen weiteren Tag auf der Friedrichshafener Hütte zu verbringen.

Tag 4: Erkundungen um die Friedrichshafener Hütte
Für den ungeplanten, freien Tag beschloss ich, zwei kleine Erkundungen zu machen. Gegen Mittag zog ich daher los über den Ludwig-Dürr-Weg. Bis zum Lumpaschadseele auf ca. 2500m gab es hier kaum Schnee, danach dafür mehr als genug. Über einen zum Schluss sehr unangenehm steilen Hang arbeitete ich mich hinauf bis in die Dürrscharte auf 2666m.




Der weitere Wegverlauf war danach nur noch zu erahnen, im Kessel nördlich des Jochs war noch tiefster Winter. Auch der zum Matnaljoch (Georg-Prasser-Weg) sag nicht freundlich aus, hier roch es nach Lawinengefahr. Entsprechend beendete ich die Erkundung hier und kehrte zur Hütte für ein leichtes Mittagessen zurück.
Am Abend brach ich dann nochmal auf, dieses Mal auf dem Friedrichshafener Weg, zurück in Richtung Heilbronner Hütte. Von hier war im Laufe des Tages ein einzelner Wanderer angekommen und ich wollte mir die Lage mal anschauen. Hier auf der Südseite war der Weg auch ganz gut zu gehen, es lag zwar Schnee, aber nicht genug um wirklich darin einzusinken. Ich drang bis zur Abzweigung zu den Hohen Köpfen bei ca. 2370m vor, dann beschloss ich umzukehren und auf dem Rückweg den Sonnenuntergang zu beobachten.


Tag 5: Friedrichshafener Hütte – Konstanzer Hütte – St. Anton
Für den nächsten Morgen war der Heimweg geplant. Nach dem Frühstück brach ich daher von der Hütte zum Schafbichljoch (2636m) auf. Der Anstieg ist angenehm und nur im letzten Teil etwas steiler. Technisch ist die gesamte Strecke nicht anspruchsvoll, auch wenn ab ca. 2500m noch Schnee lag, der so früh am morgen zum Teil noch gefroren war. Die Steigeisen konnten aber locker im Rucksack bleiben.


Vom Joch stieg ich noch ein Stück Richtung Vertinespleiskopf auf, kehrte auf dem Vorgipfel dann aber um, da der weitere Gratverlauf sehr ausgesetzt wirkte, was bei Schnee und Eis nicht so einladend wirkte.
Für den nordseitigen Abstieg am Schottensee vorbei ins Fasultal gab es bereits Spuren, was die Wegfindung erleichterte, denn hier oben war immer noch tiefster Winter. Sobald der Talboden erreicht ist geht es wieder angenehm flach dahin, immer mehr oder weniger nah am Fasulbach entlang. Dieser hat sich zum Teil beeindruckende Schluchten gegraben.


Schließlich passiere ich die Abzweigung zur Heilbronner Hütte und zum Patteriol. Diesen formschönen Gipfel kann ich an diesem Tag nun zum ersten Mal auch in voller Pracht bewundern. Am Fuß seiner Ostflanke entlang steige ich weiter ab, vorbei an der Abzweigung zur Darmstädter Hütte, bis ich wieder an der Konstanzer Hütte ankomme.

Dieses Mal passiere ich die Hütte allerdings auf dem Weg und setzte direkt den Abstieg durch das Verwalltal fort, hinab nach St. Anton. Jetzt kann ich hier auch die Landschaft bewundern, die am Montag in den Wolken versteckt lag. Davon, dass es nur wenige Tage vorher noch massenhaft Schnee gab, ist hier kaum mehr etwas zu erkennen.



Den Verwallsee passiere ich im Abstieg auf der landschaftlich deutlich reizvolleren, westlichen Seite bevor ich kurz vor St. Anton an der Stiegeneck-Kapelle den Weg hinauf an die Arlberg-Passstraße einschlage, wo das Auto steht.
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